Begleiterkrankungen bei ADHS (Komorbiditäten)

In vielen Fällen treten bei Patienten mit ADHS weitere Erkrankungen auf. Mediziner sprechen dann von Komorbiditäten. Diese Begleiterkrankungen können ursächlich mit ADHS zusammenhängen (sog. Folgeerkrankung), doch das ist nicht immer der Fall.

Wichtig zu wissen: Begleiterkrankungen können bei ADHS vorkommen. Es ist aber ebenso möglich, dass eine ADHS ohne Komorbiditäten auftritt.

Tipp: Unsere Broschüren zum Download bieten weiterführende Informationen zu häufigen Begleiterkrankungen bei ADHS – von Schlafstörungen bis hin zu Suchtproblemen.

Erkrankungen, die häufig zusätzlich zu ADHS diagnostiziert werden, sind zum Beispiel:

  • Schlafstörungen

    Gerade bei ADHS im Erwachsenenalter kommen Schlafstörungen sehr häufig vor.

    Typische Situationen:

    • Viele Menschen mit ADHS können sich erst abends gut auf ihre Arbeit konzentrieren. Denn dann wirken kaum noch störende Reize von außen auf sie ein.
    • Sie arbeiten daher oft bis tief in die Nacht hinein, um alle wichtigen Aufgaben zu erledigen.
    • Das führt zu einer Verkürzung der Schlafdauer.
    • Am nächsten Tag sind Betroffene oft sehr müde.

    Mögliche Anzeichen:

    • Spätes Einschlafen
    • Lange Einschlafzeit
    • Verschiebung des Schlaf-Wach-Rhythmus
    • Sehr spätes Zubettgehen
    • Verkürzung der Schlafdauer
    • Tagesmüdigkeit

    Die Folgen: Konzentrationsstörungen, Aufmerksamkeitsprobleme und Reizbarkeit können verstärkt werden.

  • Suchterkrankungen

    Bei ADHS-Patienten kommen Suchtprobleme doppelt so häufig vor wie in der Allgemeinbevölkerung.

    Sucht & ADHS – wie hängt das zusammen?

    • Erwachsenen mit ADHS fällt es oftmals etwas schwerer, das richtige Maß zu finden.
    • Suchtmittel haben bei Menschen mit ADHS oft andere Auswirkungen als bei Personen ohne ADHS. So haben etwa Drogen, die normalerweise eher stimulierend wirken, bei Menschen mit ADHS häufig beruhigende Effekte. So können sie die ADHS-Symptome zum Teil unterdrücken.
    • Insbesondere Menschen, deren ADHS noch nicht diagnostiziert wurde, rutschen auf diese Weise schnell in die Suchtfalle.

    Es gibt Hilfe:

    • Ist ADHS erst einmal erkannt, kann eine maßgeschneiderte Therapie erfolgen.
    • Sollten Sie Suchtprobleme haben, nehmen Sie unbedingt ärztliche Hilfe in Anspruch!
  • Angststörungen

    Bei bis zu einem Viertel der Erwachsenen mit ADHS können im Laufe ihres Lebens Angststörungen auftreten.

    Auswirkungen einer Angststörung:

    • Betroffene reagieren auf bestimmte Reize mit sehr starken Angstsymptomen – z. B. bei Prüfungen oder wenn sie eine Spinne sehen.
    • Zum Vergleich: Menschen ohne Angststörung verspüren dabei höchstens leichte Angst

    Typische Probleme bei gleichzeitigem Auftreten von ADHS & Angst:

    • Aufschiebeverhalten („Prokrastination“)
    • Große Angst vor (erneuten) Misserfolgen
    • Unsicherheit im Umgang mit Angst
    • Innere Unruhe

    Wichtig: Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie neben einer ADHS auch eine Angststörung haben, sollten Sie mit Ihrem Arzt darüber sprechen. Oft kann unter anderem eine Psychotherapie hilfreich sein.

  • Bipolare Störung

    Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt: Das ist typisch für eine bipolare Störung.

    Symptome der bipolaren Störung:

    • Depressive Phasen wechseln sich mit regelrechten Stimmungshochs (sog. manische Phase) ab. Man spricht auch davon, dass Betroffene „manisch-depressiv“ sind.
    • Zwischendurch kommen immer wieder auch symptomfreie Phasen vor.

    Bipolare Störung und ADHS:

    • Oft wird nur eine Erkrankung diagnostiziert.
    • Denn einige ADHS-Symptome ähneln den Symptomen während der manischen Phase – zum Beispiel Ablenkbarkeit, Impulsivität und ein gesteigerter Antrieb (Hyperaktivität).
    • Eine Kombination aus ADHS und bipolarer Störung zeigt sich vor allem in den „symptomfreien“ Zeiten der bipolaren Störung.
    • Betroffene reagieren selbst dann oft noch impulsiv oder können sich schlecht konzentrieren – das liegt an der ADHS.

    Wichtig: Sollten Sie den Verdacht haben, dass bei Ihnen sowohl eine ADHS als auch eine bipolare Störung vorliegen, sprechen Sie bitte Ihren Arzt darauf an.

  • Borderline

    Treten ADHS und Borderline gemeinsam auf, ist das häufig eine explosive Mischung.

    Typische Anzeichen:

    • Typische Borderline-Merkmale, z. B. starke Stimmungsschwankungen, emotionale Verletzlichkeit und Tendenz zur Selbstverletzung treffen auf
    • Charakteristische ADHS-Symptome, z. B. Konzentrationsprobleme, Desorganisation und Impulsivität.

    Häufigkeit:

    • Die Kombination aus bipolarer Störung und ADHS kommt gar nicht mal so selten vor.
    • Experten gehen sogar davon aus, dass ADHS – neben anderen Faktoren – eine Rolle bei der Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung spielen könnte.

    Ein Problem: Oft wird eine der beiden Erkrankungen nicht erkannt, da es Überlappungen zwischen den Symptomen gibt. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie betroffen sind, fragen Sie am besten Ihren Arzt um Rat.

  • Depressionen

    Auch Depressionen zählen zu den möglichen Begleiterkrankungen bei einer ADHS. Häufig entwickelt sich eine Depression dann, wenn Veränderungen im Leben der Betroffenen aufgetreten sind.

    ADHS & Depression: Wie kann es dazu kommen?

    • Viele Menschen mit ADHS bemühen sich im Alltag ständig, sich anzupassen.
    • Das kostet viel Energie.
    • Dann kann sich schnell Erschöpfung einstellen – und letztendlich auch eine Depression.

    Von der Erschöpfung zur Depression:

    • Betroffene fühlen sich immer häufiger kraftlos und schwach.
    • Das Gefühl der Überforderung wird immer stärker.
    • Dadurch „funktionieren“ sie immer weniger.
    • Minderwertigkeitsgefühle können wachsen, der Antrieb ist häufig gestört und negative Gefühle überwiegen.
    • Immer wieder tritt das ungute Gefühl auf, dass andere scheinbar alles bewältigen, während man selbst nicht einmal banalste Kleinigkeiten hinbekommt.

    Die Depressionsspirale: Durch solche Erfahrungen können Menschen mit ADHS immer niedergeschlagener und antriebsloser werden – bis sich eine manifeste Depression entwickelt hat.

    Wichtig: Wenn Sie bei sich Anzeichen für eine Depression bemerken, nehmen Sie das unbedingt ernst und holen Sie sich Hilfe – zum Beispiel von einem Arzt oder Psychotherapeuten.

  • Autismus

    Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität: Das sind nicht nur die Kernsymptome der ADHS, sondern gleichzeitig auch die häufigsten Begleiterscheinungen der sogenannten Autismus-Spektrum-Störung (ASS).

    Gemeinsamkeiten von ADHS und Autismus:

    • Probleme beim Strukturieren von Arbeitsabläufen
    • Desorganisation
    • Schwierigkeiten, das Große und Ganze im Blick zu halten
    • „Verzetteln“ in Details
    • Probleme beim Setzen von Prioritäten

    Gut zu wissen: Während sich die Symptome bei einer reinen ADHS im jungen Erwachsenenalter häufig bessern, ist das bei Menschen mit Autismus eher nicht der Fall.

    Häufigkeit:

    • ADHS und Autismus gehen oft Hand in Hand.
    • Studien zufolge leiden bis zu 80 Prozent der Kinder mit Autismus auch an einer ADHS.
    • Bis zu 50 Prozent der Kinder mit einer ADHS haben zusätzlich eine ASS.

    Gut zu wissen: Ob zwischen beiden Erkrankungen ein genetischer Zusammenhang besteht, wird derzeit wissenschaftlich untersucht.

Es gibt Hilfe

Egal, ob eine ADHS allein auftritt oder zusätzlich eine der häufigen Begleiterkrankungen diagnostiziert wurde: Wenn die Symptome als starke Belastung empfunden werden, ist es wichtig, Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Es gibt heute effektive Therapieansätze bei ADHS, die helfen können, besser mit den eigenen „Besonderheiten“ umzugehen und den Alltag letztendlich leichter zu meistern.

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